Stellungnahme der Suchthilfe
09 Feb

Durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) erfolgt eine Öffnung des Marktes für Online-Spiele, welche bisher im illegalen Segment lagen. Aufgrund der hohen Umsätze im Online-Segment, der Aufhebung des außerhalb Schleswig-Holsteins geltenden Online-Spielverbotes und dem wachsenden Angebot an online-basiertem Glücksspiel, sieht die Landesstelle für Suchtfragen hier unmittelbaren Handlungsbedarf. Der Position der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zur Aussetzung der Ratifizierung und Verlängerung des dritten Glücksspielstaatsvertrags vom 17.12.2020 schließen wir uns an.
Grundlegend ist es wichtig, die Nachfrage nach Online-Glücksspiel zu beant-worten, um die illegalen Angebote zurück zu drängen. Dabei muss ein nach definierten Qualitätskriterien geregeltes Angebot den Verbraucher*innenschutz und damit den Spieler*innenschutz gewährleisten.
Laut dem Drogen- und Suchtbericht der Bundesdrogenbeauftragten von 2019 ist bei 16- und 17-Jährigen jungen Männern seit 2013 ein leichter Anstieg des problematischen Glücksspielverhaltens zu verzeichnen, insbesondere bei den nicht genehmigten Online-Sportwetten. Zudem weist Online-Glücksspiel laut BZgA ein 9-faches Risiko auf, problematisch zu spielen, da Verfügbarkeit, Taktung, Ereignisfrequenz, Anonymität und fehlende soziale Kontrolle zu einer kritischen Gemengelage führen.
Bis zur Einrichtung der bundesweit zuständigen Aufsichtsbehörde, die eher optimistisch für Januar 2023 geplant ist, liegt die Verantwortung in der Hand der landesweiten Glücksspielaufsichtsbehörde, deren Mitarbeiter*innen zu großen Teilen aktuell auch mit anderen Aufgaben betraut sind. Die Hauptaufgabe, den Aufbau eines effektiven Kontrollsystems inklusive einer angemessenen Sanktionspraxis bei Verstößen gegen den Jugend- und Spielerinnenschutz zu etablieren, wird bei der zu erwartenden Klagewelle seitens der Anbieter viele Ressourcen in Anspruch nehmen. Durch mangelnde Ressourcen besteht die Gefahr der Entstehung eines Regel- und Kontrolldefizits beim Jugend- und Spieler*innenschutz. Die LSS nimmt daher wie folgt zu den kritischen Punkten für den Spieler*innenschutz und die Prävention Stellung:

Limitierung als Auflage zur Selbstverpflichtung
Die Einrichtung einer Limitierung hinsichtlich Einsatz, Zeit und Anzahl der Spiele bzw. Wetten ist ein wirksames Instrument für den allgemeinen Spieler*innenschutz. Insbesondere die Setzung von selbstgewählten finanziellen Limits wird als zielführend betrachtet. Die Selbstverpflichtung der Spieler*innen und die dadurch angeregte Reflexion des eigenen Spielverhaltens haben präventive Wirkung.
Die LSS erachtet es als wichtig, dass bei Online-Spielangeboten prinzipiell beim Spielstart ein eigenes Limit aktiv abgefragt und von Spielenden festgelegt wird. Eine Ablehnung der Limit Angabe darf nicht möglich sein. Um eine Gleichbehandlung des Spieler*innenschutzes und potentielle Überschuldungen auch im terrestrischen Bereich zu erreichen, ist eine eigenständige und über alle Spielformen greifende Limitierung auf die Spielmöglichkeiten im Gastronomiebereich und auf das kleine Spiel der Spielbanken auszuweiten. Aus präventiver Sicht ist es empfehlenswert, die Limit Abfrage mit einer positiven Botschaft zu verknüpfen, wie bspw.: „Vielen Dank. Mit Ihrer Limitierung zeigen Sie ein verantwortungsbewusstes Spielverhalten.“

Spezifisches Werbeverbot für Online-Glücksspiele und Sportwetten
Von Online-Casinospielen und Sportwetten gehen aufgrund ihrer Spezifika hohe Suchtgefahren aus. Expansive Werbetätigkeiten haben das Ziel, die Teilnahme am Glücksspiel in der Bevölkerung zu erhöhen. Dieser Entwicklung, die insbesondere für junge Menschen gefährlich ist, muss entgegengewirkt werden.
Werbung für Online-Glücksspiele ist prinzipiell im neuen GlüStV bundesweit geregelt. Eine Ausnahme bilden die Online-Casino und -Bankhalterspiele, die unter den jeweiligen Landesgesetzen zusätzlichen rechtlichen Regelungen unterworfen werden können. Aus diesem Grund positioniert sich die LSS für ein generelles Verbot von Werbung für diese Spiele in Baden-Württemberg.
Zudem schließt sich die LSS den auf Bundesebene veröffentlichten Stellungnahme der DHS und des Fachverbandes Glücksspielsucht e.V. (FAGS) zur Beschränkung der Werbemaßnahmen an. Die LSS setzt sich dafür ein, Glücksspielwerbung auf den „Point of Sale“ zu beschränken, sich an den Werbevorschriften anderer Länder zu orientieren (bspw. Italien, Spanien oder Großbritannien) und fordert die bisherige, liberale Haltung zur Werbung im Glücksspielbereich im Sinne des Jugend- und Spielerinnenschutzes neu zu denken und illegale Werbemaßnahmen juristisch zu ahnden.

Konzessionsvergabe an Landesgesellschaften
Angesichts der hohen Risiken, die mit Online-Casinospielen verbunden sind, sollten diese durch eine Landesgesellschaft (GlüStV §22, c) angeboten werden. Dies entspräche auch der bewährten Tradition in Baden-Württemberg, nach der die drei Spielbanken (Baden-Baden, Konstanz und Stuttgart) in ei-ner Landesgesellschaft zusammengefasst sind.
Eine Vergabe von Konzessionen an privatrechtlich organisierte Unternehmen hätte zur Folge, dass über den Wettbewerb um terrestrisch und online-spielende Kund*innen und vermehrte Werbung neue Anreize für die Teilnahme an Casinospielen entstehen. Auch kann eine Glücksspielbehörde ihre Aufsichts- und Kontrollaufgaben leichter erfüllen, wenn die Anzahl der Anbieter begrenzt ist und diese nach aller Erfahrung den gesetzlich vorgegeben Rahmen auch nicht in eine Grauzone hinein ausreizen.

Spielmöglichkeiten in Gaststätten abschaffen – Minigaststätten auflösen
Die LSS positioniert sich für ein generelles Verbot von Geldspielautomaten in Gaststätten. Geldspielautomaten in Gaststätten zeichnen sich durch ihre immense Niedrigschwelligkeit und Griffnähe aus. Beides sind für die Suchtprävention definierte Kriterien, die als Konsumanreiz gelten. Im präventiven Sinne ist das zu vermeiden. Es ist Fakt, dass sich die Kontrolle und die Durchsetzung von Maßnahmen und Auflagen des Spielerinnenschutz in Gaststätten und sogenannten Minigaststätten ausgesprochen schwierig darstellen und der Jugendschutz in diesen Bereichen nicht gewährleistet ist. Darüber hinaus wird in Gaststätten Alkohol konsumiert. Die Auflagen für Spielhallen sehen richtigerweise vor, dass „Spielen“ zusammen mit Alkoholausschank untersagt ist. Diese Vorgabe halten wir für richtig; daher sollten in Gaststätten keine Geldspielautomaten aufgestellt werden dürfen. Gerade im Bereich der (sog. Mini-)Gaststätten sind verschärftere und häufigere Kontrollen durch die Ordnungsbehörden durchzuführen, sollte es keine Auflösung dieser Spielstätten geben. Es ist zudem erforderlich, dass einzelne Geräte nicht nur technisch auf ihre Zulassung geprüft werden, sondern zudem registriert und mit Prüfnummern versehen werden, damit illegale Aufstellungen verhindert werden.
Nach § 3 Abs. 9 GlüStV ist „[e]ine Spielhalle im Sinne dieses Staatsvertrages […] ein Unternehmen oder Teil eines Unternehmens, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten im Sinne des § 33c Absatz 1 Satz 1 oder der Veranstaltung anderer Spiele dient.
Das bedeutet, dass Mini-Gaststätten de facto Spielhallen sind. Es ist ein Anliegen der LSS, diese sogenannten Minigaststätten in der jetzigen Form aufzulösen. Aus dem Gesetz zur Ausführung des GlüStV in NRW geht sogar hervor, dass nach § 16 „[…] Schank- und Speisewirtschaften […] keine Spielhallen [sind]. Ein Unternehmen ist trotz anderslautender Anzeige […] dann als Spielhalle […] anzusehen, wenn auf Grund einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale folgende äußerlich erkennbare Merkmale vorliegen:
1. die Art und der Umfang der angebotenen Nebenleistung spielen im Vergleich zum Umfang des angebotenen Spielbetriebes und im Hinblick auf die Ausgestaltung und Größe der Betriebsstätte eine erkennbar untergeordnete Rolle oder
2. Umsätze werden ausschließlich oder überwiegend aus der Aufstellung von Geldspielgeräten generiert.
Die LSS setzt sich dafür ein, dass Minigaststätten, deren einziger Zweck es ist, Geldspielgeräte aufzustellen, nach dem Vorbild aus NRW nicht als Gast-stätten firmieren können. Bestandschutz soll nur gewährt werden, wenn die Minigaststätten entsprechend nachrüsten und den Anforderungen einer „echten“ Gaststätte genügen.

Jugendschutz
a) Anhebung des Zugangsalters auf 21 Jahre im Online-Glücksspiel mit persönlicher Identifizierung
Jugendliche und junge Erwachsene sind in ihrem Verhalten risikobereiter als Erwachsene. Für eine entsprechende Sensibilität hinsichtlich möglicher Folgeprobleme fehlt eine gewisse Antizpationsfähigkeit. Im Sinne des Jugendschutzes sollte das Zugangsalter deshalb präventiv für alle Geldspielarten auf 21 Jahre gesetzt werden.
Da das bisherige Anmeldeprozedere nach § 6a GlüStV zur Gewährleistung des Jugendschutzes voraussichtlich nicht ausreichend ist, muss bei Anmeldung zu Online-Glücksspielen generell ein Identifizierungsverfahren festgelegt werden, welches eine persönliche (per Video und Personalausweis) Identifizierung erfordert. Die LSS sieht in der Einführung einer Spieler*innenkarte, analog zum österreichischen Modell, eine sichere und zielführende Lösung. Zudem ist es erforderlich, dass Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz auf Seiten der Anbieter mit wirkungsvollen Geldstrafen geahndet werden.

b) Jugendschutz im Gastronomie-Bereich konsequent umsetzen
Sollten Geldspielgeräte in der Gastronomie nicht verhindert bzw. abgeschafft werden können, dann muss Jugendschutz auch in Gastronomiebetrieben mit Geldspielgeräten konsequent kontrolliert werden. In einem ersten Schritt sollten die Ordnungsbehörden die Einhaltung des Jugendschutzes in solchen Betrieben überprüfen. Darauf aufbauend sollten die Kommunen bzw. die Polizei sog. Mysteryshopping mit minderjährigen Testspieler*innen durchführen (analog zu den Alkoholtestverkäufen) und hier ebenfalls wirksame Geldstrafen für die Anbieterinnen des Glückspielangebots erlassen.

Früherkennung für Online-Glücksspiele
Die Früherkennung und die differenzierte Intervention und Ansprache von Kund*innen sind die zentralen Bausteine eines Spielerinnenschutzes, der den jeweiligen Gast und sein Spielverhalten im Blick hat. Da beim Online-Glücksspiel das Spielverhalten lückenlos elektronisch erfasst wird, haben die Anbieter umfassende und sehr differenzierte Informationen über ihre Kund*innen. Die eingesetzten Systeme zur Früherkennung müssen für die erfassten Kund*innen transparent sein. Die Spielerinnen müssen jederzeit in der Lage sein, die durch das System über ihr Spielverhalten vorgenommen Bewertungen nachzuvollziehen. Neben den technischen Systemen sind die persönlichen Kontakte zu den für den Spieler*innenschutz verantwortlichen Präventionsfachleuten über Hotlines, Chaträume und Mailverkehr wichtig. Auch sind Ansprechmöglichkeiten außerhalb des jeweiligen Unternehmens, über eine zentrale Hotline für Glücksspielende einer einzurichtenden landesweiten Fachstelle Glücksspielsucht notwendig. Bei der Entwicklung und Umsetzung der Früherkennungssysteme sind die Fachgesellschaften der Suchthilfe/ -prävention und die in diesem Feld kundigen Forschungseinrichtungen zu beteiligen.

Kennzeichnung von Online-Angeboten mit Glücksspielelementen
Online-Spiele mit Glücksspielelementen müssen klar erkenntlich dargestellt werden und von Computerspielen ohne solche glücksspielähnlichen Belohnungsmechanismen zu unterscheiden sein (parallel zur USK-Kennzeichnung). Hier bedarf es klarer Prüfverfahren und Erarbeitung von Kriterien für eine jugendschutzgerechte Einstufung.

Landesstelle Glücksspielsucht als Koordinierungsstelle
Baden-Württemberg hat bisher keine expliziten Fachstellen für Glücksspielsucht aufgebaut. Beratung und Behandlung von Menschen mit Glücksspielproblemen und deren Angehörige sind integraler Bestandteil der bestehenden Suchtberatungsstellen. Dies wurde ohne eine Erhöhung der Ressourcen in diesem Bereich umgesetzt. Neben dem Vorteil von synergetischen Effekten hat sich in der Praxis aber auch gezeigt, dass mit der zunehmenden und schnelllebigen Komplexität der Glücksspiellandschaft das Suchthilfesystem nicht hinreichend Schritt halten kann. Hier ist sowohl eine fachliche als auch eine koordinierende Unterstützung angezeigt.
Aus Sicht der Suchthilfe können die neuen Herausforderungen nur mit einer zentralen landesweiten Fachstelle Glücksspielsucht bewältigt werden.
Die neu einzurichtende Landesstelle Glücksspielsucht sollte die unterschiedlichen Akteure im Feld bündeln und vernetzen und durch Fachkompetenz zu den immer detaillierteren Fragestellungen Positionen und Hilfestellungen erarbeiten. Die Landesstelle Glücksspielsucht sollte wissenschaftliche Erkenntnisse aufarbeiten und wieder ins Praxisfeld und die Politik einspeisen. Somit fände eine verstärkte Vernetzung von Praxis und Forschung statt. Auch die nutzergerechte Aufbereitung und Vermittlung der aktuellen Rechtslage im Glücksspielbereich an die in der Praxis und Politik tätigen Akteure wäre eine wichtige Funktion.
Eine Landesstelle Glücksspielsucht hätte zudem die notwendigen Ressourcen, um Konzepte im Bereich der Prävention und Intervention zu entwickeln und zu implementieren. Insbesondere im Online-Bereich (Beratung, E-mental-Health, Handy-Apps etc.) besteht noch großer Nachholbedarf, um auch zukünftige Generationen „abzuholen“, die die klassischen Angebote der Suchthilfe nicht oder nur in geringem Umfang nutzen. Als positives Beispiel kann dabei die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern genannt werden, welche in puncto Digitalisierung der Suchthilfe ein breites Angebotsspektrum entwickelt hat und bereithält. Diese Interventionsformen wären die konsistente Weiterentwicklung zu den ebenfalls zunehmend digitalisierten Glücksspielangeboten. Des Weiteren könnte eine Fachstelle kultur- und sprachspezifische Unterstützungsangebote offerieren, was für kleinere Beratungsstellen meist eine Überforderung darstellt. Darüber hinaus sind die Fortbildung verschiedener Berufsgruppen und die kontinuierliche Förderung der Beratungskompetenz, auch hinsichtlich neuerer Entwicklungen notwendig. Zudem besteht Unterstützungsbedarf bei den nach § 7 Landesglücks-spielgesetz geforderten Präventionsschulungen.
Bei einer Landesstelle Glücksspielsucht müssten die folgenden Aufgaben, die noch näher zu beschreiben sind, verankert werden:

– Aufbau eines landesweiten Online-Hilfesystems
– Aufbau und Umsetzung der Funktion „Zentrale Sperrcoach-/Clearingstelle“
– Entwicklung und Abstimmung zu Sozialkonzepten
– Vernetzung von Wissenschaft und Praxis
– Schulungen von Fachkräften
– Information und Öffentlichkeitsarbeit

Sozialkonzepte für Online-Glücksspiele
Die gesetzlichen Vorgaben für Sozialkonzepte sind zusammen mit den technischen Regelungen (Verfahren zur Identifizierung, ein Spieler*innenkonto, Informationspflichten, System der Früherkennung, Sperrsystem, Limit Datei etc.) ein guter Rahmen für die notwendigen Spieler*innenschutzmaßnahmen.
Um das zentrale Ziel, die Entstehung einer Glücksspielsucht zu verhindern, sind präventive Maßnahmen und Konzepte für Risikogruppen, sogenannte anlassunabhängige Interventionen z.B. für junge Erwachsene oder Neukund*innen, zu entwickeln und in die Sozialkonzepte zu integrieren. Wie schon beim terrestrischen Spiel soll die Suchthilfe die Qualifizierung des Personals (Personalschulungen) auch im Online-Bereich übernehmen. Wir sprechen uns für eine Differenzierung der Schulungsanforderungen auch hinsichtlich der Stellung im Unternehmen und der Zuständigkeiten und Aufgaben im Spieler*innenschutz aus. So sollte für die Sozialkonzeptbeauftragten / Präventionsbeauftragten und Leitungspersonen ein eigenes Curriculum entwickelt werden. Mitarbeitende, die Kontakt mit spielenden Kund*innen haben, bedürfen zwingend der durch die Suchthilfe durchgeführten Schulungen zur Prävention und Spielerschutz gem. § 7 LGlüG. Unerlässlich ist zudem, dass in Relation zur Größe des Online-Glücksspielangebotes persönliche geschulte Ansprechpartner*innen vorgehalten werden, an die Spielende sich wenden können und die von Fachleuten begleitet werden.
Ein wichtiger Baustein der Online-Sozialkonzepte sind die auf transparenten Algorithmen beruhenden Systeme der Früherkennung und Intervention bei problematisch spielenden Kund*innen und die Vorlage eines Konzeptes für Responsible Gaming. Die Fachgesellschaften der Suchthilfe und Prävention sind in die Diskussion und Bewertung dieser Systeme einzubinden. Die umgesetzten und dokumentierten Maßnahmen des Spieler*innenschutzes müssen regelmäßig evaluiert und hinsichtlich von Zielvorgaben (Kennzahlen im Rahmen von QM Prozessen) bewertet werden. Dazu sind unabhängige wissenschaftliche Institutionen zu beauftragen. Die Vorgaben zur Dokumentation und die Berichtspflichten sind weiter zu entwickeln und den aktuellen Konzepten der Prävention anzupassen.

Gemeinsames Online-Hilfesystem
Teilnehmer*innen an Online-Glücksspielen sollte ein einheitlich zugängliches Online-Hilfesystem zur Verfügung gestellt werden. Das Online-Hilfesystem sollte von allen Suchthilfeträgern, welche aktuell bereits Glücksspieler*innen beraten bzw. behandeln, gemeinsam angeboten werden. Hierfür sollte eine einrichtungs- und trägerübergreifende Online-Beratungsplattform aufgebaut werden, welche für die Spieler*innen möglichst niederschwellig erreichbar ist. Eine gut sichtbare Verlinkung auf den Spielangebotsseiten der Anbieter von Online-Glücksspielen (analog zu der Auslage von Info-Flyern der Suchtberatung in Spielhallen) sollte durch diese installiert werden. Es ist notwendig die Finanzierung des Online-Hilfsangebots im LGlüG festzuschreiben. Die Anbieter von Online-Glücksspielen und das Land Baden-Württemberg sollten sich die Kosten je zur Hälfte teilen, da das Land bzw. die Kommunen über die Angebote der Online-Glücksspiele auch Steuereinnahmen generieren. Das Land beauftragt die neu einzurichtende landesweite Fachstelle Glücksspielsucht ein entsprechendes Online-Hilfesystem aufzubauen.

Zentrale „Sperrcoach-“/ Clearingstelle
Unter dem Gesichtspunkt eines wirkungsvollen Spieler*innenschutzes (Verbraucher*innenschutz) sollte im LGlüG eine zentrale „Sperrcoach“ bzw. Clearingstelle eingerichtet werden. Der Zugang zur „Sperrcoach“-/Clearingstelle muss niederschwellig über eine Verlinkung auf der jeweiligen Seite des Online-Glücksspielangebots leicht von den Spielteilnehmer*innen gefunden (mithilfe von entsprechenden Suchbegriffen/SEO) werden können. Die Funktion der „Sperrcoach“-/Clearingstelle muss so qualifiziert sein, dass Möglichkeiten und Folgen einer Spieler*innen-Sperre (juristisch einwandfrei) umfassend und kompetent beraten werden können. Auch sollte der „Sperrcoach“/Clearingpartner Beratungskompetenz hinsichtlich der Reflexion des Spielverhaltens aufweisen. Hier ist der präventive Gedanke der sogenannten Schadensbegrenzung (Harm-Reduction) handlungsleitend. Darüber hinaus sollte das Beratungsangebot auch beinhalten, an wen sich Spieler*innen bzw. deren Angehörige wenden können, um ihre konkreten Anliegen zu besprechen. Über eine solche Weitervermittlung sollte den Teilnehmer*innen von Online-Glücksspielangeboten, falls gewünscht, eine Möglichkeit zu einer persönlichen Beratung vermittelt werden. Die Finanzierung der „Sperrcoach“-/Clearingstelle sollte durch die Anbieter von Online-Glücksspielen erfolgen. Die zentrale „Sperrcoach“/Clearingstelle kann dann auch im terrestrischen Bereich Anwendung finden.

Begrenzung der Schulungsberechtigung nach §7 LGlüG auf nach VwV PSB/KL anerkannte Suchtberatungsstellen
Die LSS ist der Ansicht, dass ausschließlich nach VWV PSB/ KL anerkannte Suchtberatungsstellen, Schulungen für Glücksspielanbieter durchführen dürfen. Eine Delegation an andere Unternehmen, insbesondere aus anderen Bundesländern, darf nicht zulässig sein. Es besteht das Risiko, dass die Schulungen durch zum Teil fragwürdige Lizenzvergaben nach und nach von glückspielindustrienahen Gesellschaften übernommen werden. Darin sehen wir einen Zielkonflikt für die Schulungsprozesse. Darüber hinaus soll durch fachkompetente regionale Schulungsanbieter die Kontaktaufnahme zum Hilfesystem erleichtert werden.
§7 LGlüG Abs.2 fordern wir dementsprechend zu ergänzen:

(2) Außer bei ländereinheitlichen Verfahren und in Fällen des Artikels 1 § 19 Absatz 2 Erster GlüÄndStV ist die die Erlaubnis nach § 2 innehabende Person verpflichtet, die in Kontakt zu den Spielerinnen und Spielern tätigen Personen sowie deren Vorgesetzte, im Falle des Gewinnsparens jedoch nur die für die Umsetzung des Sozialkonzepts in der jeweiligen Bank verantwortliche Personen, auf eigene Kosten unmittelbar durch eine in der Suchthilfe in Baden-Württemberg tätige Einrichtung, [die selbst im Rahmen der kommu-nalen Daseinsvorsorge Menschen mit Suchtmittelmissbrauch und –abhän-gigkeit berät und behandelt], schulen zu lassen. [Eine Delegation der Schu-lungen an dritte Anbieter ist nicht zulässig.] […].