Stellungnahme der Suchthilfe
05 Sep

9.9. –Tag des alkoholgeschädigten Kindes

Stuttgart, 06. September 2024

Warum gibt es immer noch keine Warnhinweise auf Alkoholika? Das fragen sich nicht nur die Fachleute in der Suchthilfe sondern vor allem die Menschen, die von FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder) betroffen sind. Davon gibt es rund 13.000 [1] jährlich, die mit dieser Behinderung zur Welt kommen. Die Dunkelziffer muss als sehr viel höher eingeschätzt werden, da längst nicht alle Betroffenen entsprechend diagnostiziert werden und die Behinderung nicht meldepflichtig ist. Ohne Diagnose keine Hilfe. Die Schädigung des Kindes durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft ist die häufigste angeborene Behinderung, die zu hundert Prozent vermeidbar wäre. Und mit dem Erwachsen werden, hört die Behinderung nicht auf. Die meisten leiden ihr Leben lang und können oft kein selbständiges Leben führen.

Dass Alkohol in der Schwangerschaft fatale Folgen für das Ungeborene haben kann, sollte zum Allgemeinwissen gehören. Tut es aber nicht. Oder wie sonst ist es zu erklären, dass jährlich immer noch so viele betroffene Babys zur Welt kommen. „Solange Alkohol selbstverständlich im Alltag dazu gehört, solange bleibt es auch für schwangere Frauen und Frauen mit Kinderwunsch schwer, nein zu sagen zum Alkohol“, erklärt Dorothea Aschke, Vorsitzende der Landesstelle für Suchtfragen. Deshalb beteiligt sich die Landesstelle für Suchtfragen mit den Suchthilfeeinrichtungen im Land durch Prävention und Aufklärung in der Beratung aktiv an einer Verbesserung.

Für betroffene Kinder und deren Familien ist die Lebenssituation nach wie vor sehr problematisch. Viel zu selten wird bei entsprechenden Symptomen eine FASD Diagnose getroffen. „Leider bringen viele ÄrztInnen, TherapeutInnen und Institutionen massive Verhaltensauffälligkeiten nicht in Verbindung mit FASD. Das führt oft zu einer jahrelangen Odyssee, bis man die richtige Hilfe bekommt“, beschreibt Heike Schöffler von der FASD Selbsthilfe Herrenberg die schwierige Lage. „Hinzu kommt, dass es zu wenig spezialisierte Diagnostik Stellen in Baden-Württemberg gibt. Wartezeiten von einem halben Jahr und länger sind keine Seltenheit“, ergänzt Schöffler. Die Situation für erwachsene Betroffene in Baden-Württemberg ist ebenso prekär. Für die Diagnostik fahren Sie oft bis nach Berlin. Doch ohne Diagnose kein Verständnis für die Probleme und fehlende Unterstützung.

Baden-Württemberg hat sich zwar auf den Weg gemacht, durch Prävention und Aufklärung die Situation zu verbessern, aber für die Betroffenen und deren Familien ist der Weg zu entlastender Hilfe sehr beschwerlich und oft unzumutbar. „Alkoholkonsum ist in der Gesellschaft unkritisch akzeptiert und wird hemmungslos beworben. Die Menschen, die dadurch zu Schaden kommen werden ausgegrenzt. Das ist beschämend. Wir brauchen hier unbedingt ein Umdenken. Ein erster Schritt wären Warnhinweise auf Alkoholika“, fordert die Vorsitzende Aschke.

Für die Redaktion:

  • BZgA: Online Programm zum Aufhören mit Rauchen und Alkoholkonsum vor und während der Schwangerschaft: IRIS: www.iris-plattform.de/

Kontakt:

Christa Niemeier, Referentin für Suchtfragen und Prävention, Landesstelle für Suchtfragen der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e.V., Stauffenbergstraße 3, 70173 Stuttgart

Tel.: 0711/61967-32, Mail: niemeier@lss-bw.de  

Heike Schöffler, Selbsthilfegruppe FASD-Herrenberg Tel.: 0179 3437453, Mail: Fasd-herrenberg@web.de


[1] https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Tausende-Babys-durch-Alkohol-geschaedigt-253647.html (Zugriff 16.08.24)