Stellungnahme der Suchthilfe
07 Sep

Stuttgart, den 07.09.2023

Schädigung des Kindes durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft ist die häufigste angeborene Behinderung, die zu hundert Prozent vermeidbar wäre. In Deutschland sind jährlich rund 10.000 Neugeborene davon betroffen, ca. 3.000 davon mit schweren körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen. FASD – Fetale Alkoholspektrumstörung – ist der Überbegriff für diese Schädigungen. Die Landesstelle für Suchtfragen fordert konsequente öffentliche Aufklärung, ganz besonders für junge Frauen und Familien die einen Kinderwunsch haben, und für schwangere Frauen. In einer Erklärung „FASD verhindern – früh erkennen – gut versorgen“ werden auch Politik und Berufsverbände in die Pflicht genommen. Warnhinweise für alkoholhaltige Getränke und Lebensmittel wären mal ein erster Schritt. Und bei Werbung für Alkoholika muss dringend der Zusatz „Kein Alkohol in der Schwangerschaft“ verpflichtend werden.

Wenn Frauen während der Schwangerschaft Alkohol trinken, wird auch dem Ungeborenen direkt und ohne Umwege Alkohol zugeführt. Die Folgen können verheerend sein. Besorgniserregend ist, dass es leider immer noch nicht selbstverständlich ist, in der Schwangerschaft und Stillzeit konsequent auf Alkohol zu verzichten. Lebenslange Behinderungen durch Wachstumsstörungen, Fehlbildungen und hirnorganische Störungen, können die Konsequenz sein. Betroffene Kinder leiden dann an Hyperaktivität, Unkonzentriertheit, Schlafstörungen oder notorischer Unruhe sowie einem auffälligen, nicht angemessenen Sozialverhalten. Soziale Isolation ist oft die Folge. Auch erwachsene Menschen mit FASD haben erhebliche Beeinträchtigungen und können oftmals kein selbständiges Leben führen. Dies alles kann durch den Verzicht auf Alkohol in der Schwangerschaft verhindert werden. „FASD wird leider oft nicht erkannt und deshalb bekommen die Menschen nicht die richtigen Hilfen. Das führt zu viel Resignation in den Familien und dramatischen Ausgrenzungen“, schildert Elke Wallenwein, Vorsitzende der Landesstelle für Suchtfragen.

Die Landesstelle für Suchtfragen hat 2022 zu einem Runden Tisch FASD eingeladen. Der hat nun ein Strategiepapier für Baden-Württemberg erarbeitet. In dem ist zu lesen, dass es an Vielem fehlt, an Diagnostikstellen, an Betreuungsstellen, an spezialisierten Betreuungen für Menschen mit FASD, an Prävention und Aufklärung. Zwar ist das Land nicht untätig und fördert zurzeit Projekte zur Prävention und Beratung. Projekte sind ein Anstoß, aber wie geht’s dann weiter? In einer Gemeinsamen Erklärung fordert der Runde Tisch nun dauerhafte und verlässliche Strukturen für Prävention, Diagnostik, Beratung und Betreuung. Die FASD Selbsthilfe beklagt, dass sie bei Behörden, in Schulen oder beim Jobcenter auf folgenschweres Unwissen und Unverständnis stoßen. „Die Menschen mit FASD und deren Familien fühlen sich alleingelassen. Wir brauchen dringend FASD Anlaufstellen und mehr Schulungen von Fachdiensten“, fordert Wallenwein. Nicht immer geht es bei Verbesserungen um mehr Geld – das auch – aber vor allem geht es auch um mehr Fachwissen in pädagogischen, psychologischen, betreuenden, juristischen und medizinischen Berufsfeldern. Darüber hinaus sind bestehende Hilfen viel zu wenig bekannt. Da gibt es noch viel zu tun für Städte und Kommunen in der Vernetzung und der Öffentlichkeitsarbeit. Elke Wallenwein fordert dazu auf: „Alle müssen Ihren Beitrag leisten. Familie, Freunde und Bekannte sollten Schwangere nicht zum Mittrinken auffordern. Solange es nicht die Norm ist, keinen Alkohol zu trinken, so lange bleibt es für schwangere Frauen mühsam, Alkohol zurückzuweisen.“

Am Runden Tisch FASD waren beteiligt:

  • Landesstelle für Suchtfragen Baden-Württemberg
  • Landesarbeitsgemeinschaft der Beauftragten für Suchtprävention/
    Kommunalen Suchtbeauftragten in Baden-Württemberg
  • FASD Selbsthilfe in Baden-Württemberg
  • PFAD BW – Verein der Pflege- und Adoptivfamilien Landesverband BW
  • Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e.V.
  • KVJS – Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg
  • FASD Hilfe, FAZIT – Gesellschaft für lösungsorientierte Jugendhilfe mbH
  • Sozialpädiatrisches Zentrum Ludwigsburg – RKH Gesundheit
  • Sozialpädiatrisches Zentrum Heidelberg – Universitätsklinikum Heidelberg
  • Hebammenverband BW
  • pro familia Baden-Württemberg
  • bvkj – Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte, Landesverband BW
  • BVF – Berufsverband der Frauenärzte, Landesverband BW

Für die Redaktion:

Gemeinsame Erklärung – FASD verhindern – früh erkennen – gut versorgen: https://lss-bw.de/gemeinsame-erklaerung-des-runden-tisch-fasd/

Strategiepapier Baden-Württemberg:
https://lss-bw.de/runder-tisch-fasd-2022-2023/

FASD Beratungsstelle in Baden-Württemberg:
https://fazit-jugendhilfe.de/angebot/#FASD

FASD Deutschland e.V., Kampagne:
https://dukennstdieantwort.de/

Selbsthilfegruppen:
https://www.fasd-deutschland.de/selbsthilfegruppen-in-deutschland/

Information der BZgA:
https://www.kenn-dein-limit.de/alkoholverzicht/alkohol-in-der-schwangerschaft/

BZgA: Online Programm für vor und während der Schwangerschaft zum Aufhören mit Rauchen und Alkoholkonsum: IRIS: www.iris-plattform.de/

Landesstelle für Suchtfragen, Selbstverständniserklärung FASD:
https://lss-bw.de/wp-content/uploads/2023/08/LSS-Klartext-Suchtfragen-FASD.pdf