„Ohne übermäßigen Alkoholkonsum oder Alkoholprobleme wäre in vielen Betrieben die Arbeits-qualität besser, die Gefahr von Arbeitsunfällen geringer und das Arbeitsklima entspannter“,so for-muliert Oliver Kaiser, Vorsitzender der Landesstelle für Suchtfragen, die Quintessenz zum Aktions-motto„Kein Alkohol am Arbeitsplatz“.Untermauert wird diese Aussage von Winfried Plötze, Lan-desgeschäftsführer der BARMERBaden-Württemberg. „Nach unseren Auswertungen fehlten Be-schäftigtein Baden-Württemberg, bei denen eine Alkoholabhängigkeit diagnostiziert wurde, im Jahr 2017 60 Tage krankheitsbedingt am Arbeitsplatz. Im Vergleich zu Kollegen, die nicht alkohol-abhängig sind,sind das 39 Fehltage mehr. Paradoxer Weise spielt das Thema Alkohol im betriebli-chen Gesundheitsmanagement aber keine Rolle, so Plötze.
Die Landesstelle für Suchtfragen und die BARMER Baden-Württemberg engagieren sich bei der bun-desweiten AktionswocheAlkohol. Dafür gibt es gute Gründe: Fachleute schätzen, dass jeder fünfte bis zehnte Mitarbeitende in Unternehmen Alkohol in riskanter oder gar schädlicher Weise trinkt. Dar-über hinaus wird davon ausgegangen, dass 20 bis 25Prozentder Arbeits-und Wegeunfälle auf Alko-hol zurückzuführen sind. Auch fehlen Arbeitnehmer*innen mit einer Suchtproblematik bis zu 16-mal häufiger als die Gesamtbelegschaft –was wirtschaftliche Einbußen und deutliche Mehrarbeit für Kol-leginnen und Kollegen bedeutet. Doch auch gesamtgesellschaftlich kostet Alkohol am Arbeitsplatz enorm viel Geld: Durch Arbeitsausfälle, Frühberentung oder Rehabilitationen entstehen der Volks-wirtschaft geschätzte Kosten in Höhe von rund 30 Mrd.Euro. Daneben entstehen durch alkoholi-sierte Arbeitnehmer*innen enorme Sachschäden in Betrieben, die mit schätzungsweise 1 Mrd. Euro zu Buche schlagen. Und auch im Zusammenhang mit Berufsausbildungen gelten Alkoholprobleme als die häufigste Ursache bei Fehlzeiten, Leistungseinbußen und Arbeitsunfällen im Betrieb.
Um diese Situation nicht nur zu beklagen, sondern auch konkret den Betrieben etwas anzubieten, haben sich die Landesstelle für Suchtfragen und die BARMER zusammengeschlossen und eine HOT-LINE Suchtfrageneingerichtet. Mit dem Slogan „SCHAU HIN -Alkoholprävention im Betrieb“ können alle Betriebsangehörigen sich unter der kostenlosen Nummer 0800 0777 088 direkt und vertraulich von Fachleuten beraten lassen zu allen Fragen rund um Suchtprobleme im Betrieb.
Aber nicht nur die Arbeitswelt wird durch missbräuchlichen Alkoholkonsum belastet. In erster Linie setzten die Menschen mit riskantem Alkoholkonsum ihre Gesundheit aufs Spiel. Alkohol zählt zu den „Top Ten“ der Stoffe, die Krebs auslösen. Und über 200 Krankheiten sind auf übermäßigen Alkohol-konsum zurückzuführen. „Wir müssen die Menschen dort ansprechen, wo wir sie am ehesten erreichen und das ist nicht zuletzt am Arbeitsplatz“, erläutert Oliver Kaiser mit dem Hinweis darauf, dass alle Suchtberatungsstellen im Land Präventionsangebote und -programme für Betriebe bereithalten. Leider fehlt es oft am Mut der Verantwortlichen eines Betriebes, das Thema anzupacken. Auch die BARMERBaden-Württembergengagiert sich in Betrieblichem Gesundheitsmanagement(BGM). „Alkohol hat am Arbeitsplatznichts zu suchen.Aber in kleineren und mittleren Unternehmen spielt das Thema im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements keine Rolle. „Die BARMER hat im letzten Jahr 1.000 BGM-Maßnahmen in Baden-Württemberg durchgeführt, aber nicht eine einzige zum Thema Alkohol, weil dasvon den Betrieben leider nicht nachgefragtwurde“, sagt Winfried Plötze. Das Thema werde unter den Teppich gekehrt und sei zudem negativ behaftet. „Besucht ein Kollege einen Vortrag mit dem Titel ‚Endlich Nichtraucher!‘, dann wird das begrüßt. Aber wie werden die Reaktionen ausfallen, wenn jemand eine Veranstaltung besucht, bei der es um riskanten Alkohol-konsum geht?“ Die Krankenkassen könnten bei der Umsetzung einer betrieblichen Prävention behilf-lich sein. Die Unternehmen sollten diese Chance in ihrem eigenen Interesse nutzen.
Hinweis für die Redaktion – Weitere Fakten unter
www.aktionswoche-alkohol.de
www.sucht-am-arbeitsplatz.de
www.barmer.de/arbeitgeber