Stuttgart, 18. Oktober 2022
Über 50.000 Menschen suchten 2021 Hilfe bei den Suchtberatungsstellen im Land. Das geht aus der aktuellen Suchthilfestatistik der Landesstelle für Suchtfragen hervor. Die Auswertung wurde wegen der Corona Pandemie mit Spannung erwartet. So machten sich die hohen Hürden durch Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen auch statistisch bemerkbar. Einmalige Kontakte haben deutlich weniger stattgefunden. Es zeigt sich aber auch, dass die Suchthilfe stabil und flexibel zugleich ist. Menschen mit Suchtproblemen oder deren Angehörige konnten in den 102 Beratungsstellen im Land verlässlich Hilfe erfahren.
Bei der Betrachtung des Zahlenwerks stechen vor allem die zwei größten Klientengruppen ins Auge: Männer mit Alkoholproblemen im Alter von 30 bis 60 Jahren und Männer mit Cannabisproblemen im Alter von 18 bis 30 Jahren. Dabei zeigt die Entwicklung der letzten 10 Jahre, dass der Klientenanteil mit Alkoholproblemen deutlich zurück geht, während die Cannabisprobleme auf dem Vormarsch sind. „In der Suchthilfe gibt es immer auch „Modedrogen“, doch die zunehmenden Probleme mit Cannabiskonsum, gefolgt von Kokain und anderen Stimulanzien, haben sich leider verstetigt. Für uns ist das ein wichtiges Indiz dafür, dass wir zielgerichtetere Präventions- und Aufklärungsprogramme brauchen. Besonders Männer in allen Altersstufen müssen wir besser erreichen“, erläutert Elke Wallenwein, Vorsitzende der Landesstelle für Suchtfragen.
Die Suchtberatungsstellen sind ein wichtiges „Scharnier“ im sozialen Hilfesystem. So werden rund 5.000 Menschen von den Beratungsstellen in Reha vermittelt und umgekehrt vermitteln zahlreiche Einrichtungen in die Suchtberatung. Auch wenn ca. die Hälfte der Menschen aus eigenen Stücken eine Beratung suchen, so sind Polizei und Justiz, Ärzt:innen, psychiatrische Krankenhäuser oder andere Sozialdienste wichtige Vermittlungsstellen. „Die meisten Menschen bringen einen ganzen Koffer voll Probleme mit, so dass oft auch andere Dienste mit im Boot sind, um optimal helfen zu können. Die Suchthilfe ist multiprofessionell aufgestellt und leistet damit nicht nur einen Beitrag für die Hilfesuchenden, sondern ist auch für die Gesellschaft wertvoll“, beschreibt Wallenwein die Herausforderung. Beziffert liest sich das folgendermaßen: Nach einer aktuellen Studie kann die Sozialrendite mit 1 zu 17 berechnet werden. Für jeden eingesetzten Euro in der Suchthilfe können 17 Euro Folgekosten eingespart werden.
Suchtprobleme haben einen großen Einfluss auf die soziale Lage. Das zeigt ein Blick auf die Erwerbstätigkeit der Klient:innen. So beziehen rund ein Viertel der Klient:innen ALG I oder ALG II. Der höchste Anteil liegt bei den Klient:innen mit Opiatabhängigkeit. Die gute Nachricht ist, dass rund 45 % der Klient:innen einer Beschäftigung nachgehen. Und bei den Cannabiskonsument:innen sind ein Drittel Schüler:innen oder Student:innen oder noch in Ausbildung. Wer familiär und beruflich verankert ist, hat die größten Chancen, Suchtprobleme gut zu bewältigen. Und so lässt sich erfreulicherweise feststellen, dass 65 % der betreuten Menschen am Ende der Beratungen ihren Konsumstatus verbessern konnten.
Für die Redaktion:
Suchthilfestatistik 2021: https://lss-bw.de/publikationen/#statistik
Der Kurzbericht zur Studie Wertschöpfung: https://www.stmgp.bayern.de/wp-content/uploads/2022/09/kurzbericht_wertschoepfung_ambulante_suchtberatung.pdf