Stellungnahme der Suchthilfe
23 Jun

Stuttgart, 23.06.2022

Der 26. Juni wurde von der UN Vollversammlung vor 35 Jahren zum Weltdrogentag ausgerufen. Dieser Tag soll an die Ziele der Mitgliedstaaten erinnern, eine internationale Gesellschaft ohne Drogenmissbrauch zu erreichen. Auch wenn dieses Ziel illusionär bleiben wird, ist es wichtig, die menschlichen und gesellschaftlichen Probleme die durch Drogenkonsum entstehen, entschieden zu bekämpfen. Dafür brauchen wir eine wirksame, flächendeckende und politisch gewollte Suchtprävention. Die Landesstelle für Suchtfragen Baden-Württemberg fordert, dass die Suchtprävention im Land systematisiert wird und der bisherige, unübersichtliche Flickenteppich der Angebote sein Ende findet.

Noch in diesem Jahr wird eine Gesetzesvorlage für die Entkriminalisierung des Cannabiskonsums in den Bundestag eingebracht werden. „Die angestrebte gesetzliche Veränderung zur Abgabe von Cannabis an Erwachsene ist eine große Chance, endlich mit der Suchtprävention ernst zu machen“, findet Elke Wallenwein, die Vorsitzende der Landestelle. Der politische Wille, Cannabiskonsum zu entkriminalisieren, wird ausdrücklich begrüßt. Als Voraussetzung dafür fordert die Landesstelle, dass die Suchtprävention systematisch ausgebaut wird. Gemeinsam mit der Präventionsfachstelle Release U 21 in Stuttgart richtet die Landesstelle zum diesjährigen Weltdrogentag den Spot auf die Prävention. „Der Probierkonsum von Cannabis hat für Jugendliche nach wie vor eine große Anziehungskraft. Deshalb muss Suchtprävention in Schulen und anderen Lebenswelten der Jugendlichen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und verlässlich umgesetzt werden,“ fordert auch Bernd Klenk, geschäftsführender Vorstand von Release Stuttgart.

Die Suchthilfestatistik der Landesstelle zeigt, dass die Problemfälle durch Cannabiskonsum in den Suchtberatungsstellen in den letzten 10 Jahren deutlich zugenommen haben. „Die Zunahme von Cannabis-Fällen kann für uns nur heißen, dass wir viel mehr Aufklärung brauchen. Dies gelingt zweifellos besser, wenn der Konsum offen besprochen werden kann und die Konsument:innen dadurch früher erreicht werden können“, beschreibt Elke Wallenwein die Aufgabe der Suchthilfe. Aus Sicht der Landesstelle wird die Suchtprävention immer noch nicht ausreichend ernst genommen. „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Wir müssen weg kommen von dem Flickenteppich der Angebote und wirksame Programme flächendeckend implementieren“, so Wallenwein. Um die Suchtprävention in Schulen, Familien und anderen Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen hochzufahren und dauerhaft sicher zu stellen, fehlen nach Ansicht der Landesstelle qualifizierte Fachkräfte und die entsprechenden Finanzmittel. Die Hoffnung ruht nun auf den bundesgesetzlichen Veränderungen. Der neue Cannabismarkt wird Steuergelder einbringen. Diese sollen zu hundert Prozent der qualitätsgesicherten Suchtprävention zugeführt werden. Klenk von Release Stuttgart bestätigt dies: „Wir hoffen sehr, dass wir dann mit dem Schwung von Bundesmitteln unsere Suchtprävention ausbauen können. Denn wir sind total ausgebucht und können mit unseren Mitteln neue Angebote nicht mehr aufnehmen.“

Neben dem flächendeckenden Ausbau qualitätsgesicherter Suchtprävention fordert die Landesstelle den Ausbau von Konsumreduktionsprogrammen. „Nicht jeder Konsum von Cannabis muss gleich in eine Abhängigkeit führen. Konsumkompetenz ist das Zauberwort und dafür benötigen wir niedrigschwellige, attraktive und finanzierte Programme“, fordert die Vorsitzende. Ein gutes Beispiel dafür ist das digitale Programm „quit the shit“, das in Baden-Württemberg vom Sozialministerium gefördert wird. Weitere vor Ort Programme müssen folgen. 

Für die Redaktion:

LSS Position – Umgang mit Cannabis: https://lss-bw.de/wp-content/uploads/2021/10/2021_10_22_LSS_Positionspapier_Cannabis_2021.pdf  

Suchthilfestatistik Baden-Württemberg: https://lss-bw.de/publikationen/#dokumente

Info der BZgA: https://www.drugcom.de/drogen/alles-ueber-cannabis/  

Folgen des Cannabiskonsums: https://www.drugcom.de/cannabisanimation/app/#/start  

Cannabis-Konsultationsprozess Bundesdrogenbeauftragter: https://www.bundesdrogenbeauftragter.de/cannabis-aber-sicher/