Suchthilfe ist systemrelevant und muss systematisch abgesichert werden.
Die Suchthilfe ist ein unverzichtbarer Teil unserer sozialen Hilfesysteme. In Baden-Württemberg gibt es rund 100 Suchtberatungsstellen, in denen jährlich rund 50 bis 60.000 Menschen Hilfe erfahren. Viele von ihnen wären ohne diese Unterstützungsleistungen nicht nur gesundheitlich stark gefährdet. Langfristig steigt auch die Gefahr auf staatliche Transferleistungen angewiesen zu sein. Aktuelle Studien zeigen eindrucksvoll, wie durch jeden investierten Euro in die Suchthilfe 28 Euro öffentliche Gelder eingespart werden.
Das Land Baden-Württemberg steht zu seinen Freiwilligkeitsleistungen und bildet damit eine wichtige Säule für die Suchthilfe. Dennoch steuert die Suchthilfe auf eine finanzielle Notlage zu. Denn der Bärenanteil der finanziellen Last liegt im Rahmen der Daseinsvorsorge bei den Kommunen und Landkreisen. Die Kostensteigerungen der letzten Jahre können von den Trägern nicht mehr kompensiert werden.
Für die kommende Landesregierung muss feststehen: Absichern vor Ausbauen. Das Land Baden-Württemberg erkennt die Notwendigkeit einer dynamischen Anpassung der Landesförderung aufgrund der Kosten- und Tarifsteigerungen an. Das Land erhöht die Sockelförderung auf 20 Tausend Euro je Fachkraftstelle. Die neue Landesregierung sichert dies in einem Koalitionsvertrag ab. Darüber hinaus setzt sich das Land bei den Kommunalen Spitzenverbänden dafür ein, dass die Drogen- und Suchtberatungsstellen auskömmlich finanziert werden.
Substitution muss als wichtiges Behandlungssegment der Drogenhilfe
abgesichert werden.
In Baden-Württemberg werden rund 10.000 Menschen mit Drogenabhängigkeit substituiert. Die Versorgungslage dieser Menschen ist akut gefährdet. Der Ärztemangel und insbesondere die kontinuierlich abnehmende Zahl an substituierenden Ärzten muss durch erweiterte Vergabekonzepte sichergestellt werden. Um eine bedarfsgerechte Versorgung von Substitutionspatienten auch in Zukunft sicherzustellen, haben die für die Substitutionsversorgung verantwortlichen Institutionen einen „Pakt für Substitution“ erarbeitet. Die darin enthaltenen Konzepte und Strategien müssen vom Land konsequent befördert werden. Das Land stellt Mittel für Modellvorhaben zur Verfügung, um die Substitutionsversorgung weiterzuentwickeln.
Das Land muss unmissverständlich seiner Aufsichtsverantwortung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachkommen und der Versorgungsnotlage für substituierte Menschen mit Drogenproblemen entgegenwirken. Die im „Pakt für Substitution“ beschriebenen Modelle und Strategien müs-sen mit Mitteln hinterlegt werden. Das Land befördert nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans Weiterentwicklungen durch Modellvorhaben in der Regel durch Anschubfinanzierung. Die Verstetigung ist Aufgabe der originär zuständigen Partner. Das Ministerium für Soziales und Integration wirkt darauf hin, dass entsprechende Mittel in den Haushalt eingestellt werden.
Alkoholpolitik muss sich als zentraler Bestandteil in der Gesundheitspolitik wiederfinden.
Alkoholkonsum gehört zu den größten Gesundheitsrisiken. Bei der Betrachtung von Folgeproblemen des Alkoholkonsums darf sich der Blick nicht nur auf die Sucht richten, sondern muss den noch weitaus umfangreicheren Schadensbereich durch missbräuchlichen Konsum einbeziehen. In Baden-Württemberg sterben jährlich rund 1.000 Menschen an den Folgen des Alkoholkonsums und 42-45 Tausend Menschen müssen jährlich stationär behandelt werden. Alkoholkonsum spielt ebenso bei Straftaten, Vandalismus und Verkehrsdelikten eine große Rolle.
Das Land Baden-Württemberg hat sich als Gesundheitszielt gesetzt: Reduzierung des Konsums legaler Suchtmittel. Um diesem Gesundheitsziel gerecht zu werden, muss eine wirksame Alkoholpräventionsstrategie entwickelt und umgesetzt werden. Diese muss Maßnahmen der Verhältnis- und der Verhaltensprävention enthalten und setzt eine Abstimmung der handelnden Ministerien voraus.
Für die kommende Landesregierung muss feststehen: Alkoholprävention ist von großer gesellschaftlicher und gesundheitspolitischer Bedeutung. Dieser Bedeutung angemessen wird ein Masterplan als Landesstrategie entwickelt, in dem Maßnahmen der Verhältnisprävention (z.B. Verkaufs- und Werbebegrenzungen) festgeschrieben werden. Das sich in Baden-Württemberg bereits bewährte nächtliche Alkoholverkaufsverbot muss als angemessene Maßnahme im Masterplan aufgenommen werden. Der Masterplan bezieht alle relevanten Ministerien ein.
Landesbericht zur Lage der Suchthilfe und Suchtprävention ist
zukunftsweisend
Suchthilfe und Suchtprävention sind stark ausdifferenzierte Hilfebereiche bzw. Lebenswelten. In der Suchtprävention stellt sich entsprechend vielfältig das Feld der Akteure, Institutionen und Zielgruppen dar. Die Suchthilfe hat ein breites Spektrum an Hilfedimensionen. Das geht über unterschiedliche Substanzen, Verhaltenssüchte aber auch unterschiedliche Professionen, Zuständigkeiten und Institutionen. Diese Parzellierung verhindert den Blick auf das tatsächliche Ausmaß von Sucht und auf riskante Konsumformen. Erst durch eine Gesamtschau und die Zusammenführung aller Daten, Felder, Auswirkungen, Ressourcen und Prognosen lässt sich die immense Bedeutung der Suchthilfe und Suchtprävention für die Gesamtgesellschaft beurteilen. Eine solche Grundlage ist notwendig, um einen angemessenen politischen Standort für Suchthilfe und Suchtprävention zu definieren und eine dementsprechende Steuerung einzuleiten.
Das Land Baden-Württemberg würdigt einmal jährlich das weite Feld der Suchthilfe und Suchtprävention durch die Landesarbeitsgemeinschaft Sucht. Die Strukturförderung durch die Förderung von Fachkraftstellen ist unverzichtbar und durch die Förderung von Präventionsprojekten übernimmt das Land bereits Verantwortung.
Für die kommende Landesregierung muss feststehen: Die Faktenlage zur Suchthilfe und Suchtprävention muss in Baden-Württemberg umfassend in einem Landesbericht zusammengetragen werden. Der Bericht ist die Grundlage zur Bewertung der Bedarfslage, an der die Sucht- und Suchtpräventionspolitik ausgerichtet wird.
15
Dez