Stellungnahme der Suchthilfe
30 Okt

Alkohol bleibt Problem Nr.1

Problematisch Cannabis Konsumierende werden kaum erreicht

Die Ältesten in den Suchtberatungsstellen, sind die Menschen mit Alkoholproblemen. Sie sind überwiegend männlich und durchschnittlich 46 Jahre alt. Die Jüngsten Klientinnen und Klienten sind die mit Cannabisproblemen. Sie sind ebenfalls überwiegend männlich und im Durchschnitt 26 Jahre alt. Sucht findet folglich quer über alle Altersstufen statt.

Im Jahr 2023 wurden in den Suchtberatungsstellen im Land über 60.000 Beratungsprozesse durchgeführt. Rund 25.000 waren erstmals in einer Suchtberatungsstelle. Davon waren mehr als 12.500 von Alkoholproblemen betroffen und über 5.500 von Cannabisproblemen. Insgesamt konnten über 5.000 Menschen in eine Suchttherapie vermittelt werden. Erstmals seit 5 Jahren sind die Betreuungszahlen wieder gestiegen. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass jeder Einzelne weniger Betreuungsdauer in Kauf nehmen muss.

All diese Hilfeprozesse finden in rund 100 Beratungsstellen und den Justizvollzugsanstalten in ganz Baden-Württemberg statt. Rund 500 Fachkräfte sind dafür im Einsatz. „Was die Suchthilfe hier stemmt, ist außerordentlich. Was dabei noch gar nicht sichtbar gemacht ist, wie hoch der Einsatz in der Prävention ist, was in den Stadt- und Landkreisen für die Kooperation mit anderen Einrichtungen und Kliniken getan wird und wie die Öffentlichkeitsarbeit zu Buche schlägt,“ würdigt Dorothea Aschke, Vorsitzende der Landesstelle für Suchtfragen, die Leistungen der Suchthilfe insgesamt. Die Frühinterventionsprogramme zu Cannabis sind in den letzten 5 Jahren kontinuierlich zurückgegangen – von 7,5 % im Jahr 2019 auf 3,4 % im Berichtsjahr. „Wenn man bedenkt, dass über ein Drittel der Problemkonsument:innen bereits vor dem 14. Lebensjahr gekifft haben und die Hälfte bevor sie 19 Jahre alt waren, ist das Anlass zu größter Sorge,“ so Aschke. „Wie wir die Cannabis-Klientel frühzeitig erreichen können, wird eine Herausforderung sein. Daher appellieren wir an Schulen, Polizei und Jugendhilfe, den Schulterschluss mit der Suchthilfe zu suchen,“ analysiert Aschke.

Glücksspielsucht ist nach aktuellen Studien mit einer Prävalenz von 2,3 % bei der erwachsenen Bevölkerung zu finden und 5,7 % spielen riskant. Dieses Ausmaß zeigt sich jedoch nicht in der Suchthilfestatistik. Hier ist in den letzten Jahren ein Rückgang zu verzeichnen, aktuell 2,8 % der Klientel. Dorothea Aschke dazu: „Mit diesem Ausmaß ist das Glücksspiel gesellschaftsweit so problematisch wie Alkoholkonsum einzustufen. Die gute Besserungsprognose durch Beratung bei Glücksspielsucht spricht dafür, dass wir die betroffenen Menschen und deren Angehörige unbedingt besser erreichen müssen. Auch die Prävention muss ausgebaut werden.“

Suchtprobleme sind nicht nur ein individuelles Schicksal. Die gesamtgesellschaftliche Krankheitslast ist so hoch, dass die Gesundheitspolitik da nicht wegschauen darf. „Alkohol- und Tabakkonsum gehören mit zu den größten „Krankmachern“ in der Gesamtbevölkerung. Darüber brauchen wir deutlich mehr Aufklärung. Die Suchtberatungsstellen müssen auch deshalb dauerhaft gesichert werden,“ fordert die Vorsitzende der Landesstelle.

Für die Redaktion:

Bericht zur Suchthilfestatistik 2023 in BW: https://lss-bw.de/publikationen/#statistik

Deutsche Suchthilfestatistik: https://www.suchthilfestatistik.de/

Glücksspielatlas 2023: https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/Gluecksspielatlas_2023_DHS.pdf

Gesamtlast durch Alkoholkonsum: https://www.who.int/europe/de/news/item/02-10-2024-redefine-alcohol–who-s-urgent-call-for-europe-to-rethink-alcohol-s-place-in-society Informationen zur Verhältnisprävention: https://www.alkoholpolitik.de/